Wir sind seit drei Tagen in Udaipur, Sued-Rajasthan. Von hier aus haben wir den Rest der Reise geplant und organisiert.
Wir werden Mitte der Woche mit dem Zug ueber Mumbai nach Goa fahren und einige Tage in Palolem Beach verbringen. Nach gepflegter Langeweile an Pool und Strand wird es uns unweigerlich nach Norden ziehen, zurueck nach Mumbai. Die groesste Stadt Indiens stellt auch den Endpunkt unserer Reise dar, da unser Flug nach Hause vom dortigen internationalen Flughafen ausgeht. Wenn alles klappt, werden wir puenktlich zum Weihnachtsmarkt wieder in Frankfurt sein.
Und: obwohl das indische Essen teuflisch lecker ist, hat es gestern Ju umgehauen. Das dritte Mal. Ich erklaerte mich solidarisch, fastete und langweilte mich mit ihr. Ist schliesslich Fastnacht – Helau!
Extrem-sightseeing in Agra: Taj Mahal und Agra Fort standen vorgestern auf der Tagesordnung. Gestern dann Stubenhocken in Toilettennaehe…
Den Tipp in unserem Reisefuehrer, sich morgens zeitig am Osttor einzufinden, hatten auch (reichlich) andere schon gelesen. So dauerte es insgesamt anderthalb Stunden, bis wir Indiens Ikone aus der Naehe bestauenen konnten – nicht zuletzt auch deshalb, weil die Effizienz bei “Kartenverkauf” und “Durchsuchung” zu wuenschen uebrig lies (erst in Indien merke ich, wie deutsch ich eigentlich bin). Zu Recht als eines der (inoffiziellen) sieben neuen Weltwunder erklaert, sieht man sich dennoch bald satt. Nicht zuletzt, da die Menschenmassen das Gluecksgefuehl alsbald erdruecken.
Die zweite Sehenswuerdigkeit, das Rote Fort von Agra stinkt gegen das Taj Mahal ab. Vielleicht deshalb, da es im Gegensatz zu diesem nicht aus Liebe, sondern zu militaerischen Zwecken gebaut wurde.
Beim Abendessen liessen wir uns vom Pinguin des Restaurants dann leider zu Thalis ueberreden (Reisgericht mit Linsensuppe und Gemuesecurries) – zwoelf Stunden spaeter konnte keine Toilette nah genug sein. Unsere fuer gestern gebuchten Zugtickets hat Ju storniert und fuer heute neue gebucht. Dementsprechend haben wir den gestrigen Tag im Zimmer verbracht. Nun muessen wir noch ein paar Stunden totschlagen, bevor wir den Zug gen Jaipur besteigen.
Von den Wartelistenplaetzen 4 und 5 wurde zwei Stunden vor Abfahrt einer bestaetigt (Tom) und einer in Warteliste 1 (Ju) umgewandelt. Das bedeutet, das wir als “Gruppe” grundsaetzlich den Zug entern durften. So weit, so gut. Leider hatten wir zu zweit nur einen Sitzplatz, obwohl wir “Sleeper” (Schlafwagen zweiter Klasse, inklusive Klimaanlage) gebucht hatten. Das Layout des Schlafwagenabteils sieht zwei offene Abteile vor, mit vier Plaetzen links vom Gang und rechts derer zwei. Da Ueberbuchung (d.h. Mehrfachbelegung) gaengige Praxis ist und “der Mittelklasseinder” genug Kohle hat, seine nicht angetretene Fahrt nicht zu stornieren, hat uns ein lustiger Algorithmus einem Sitzplatz rechts vom Gang zugeordnet. Einem, wie gesagt. Doch, Glueck im Unglueck, der andere Sitzplatz sollte erst nach fuenf Stunden belegt werden, bis dahin sollte sich eine Loesung finden. Und tatsaechlich, obwohl das gesamte Abteil schon tief und fest hinter den Vorhaengen schlief, wurden uns beim Stop in Lucknow zwei Schlafplaetze zugewiesen (und der Rest des Abteils geweckt, haehaeh). Oder, besser ausgedrueckt, Liegeplaetze. Denn unser einheimischer Mitfahrer schnarchte derart beherzt, das mit Schlaf weitgehend Essig war. Vom Regen in die Traufe also.
Wir sind heute morgen mit minimaler Verspaetung (etwa 1,5h) in Agra angekommen. Vom Bahnhof Agra Fort sind wir dann vorbei am Mob Richtung Taj Mahal gelaufen. Unser Hotel hat eine nette Aussicht von der Dachterasse (Fotos folgen). Morgen frueh wollen wir um 6 Uhr am Osttor stehen und uns dieses feine Bauwerk anschauen (welches in Dubai nachgebaut werden soll). Von der Zugfahrt, unseren lieben Mitfahrern und dem Umgang mit der Warteliste andermal mehr.
Seit unserem letzen Eintrag sind wir von Pokhara (Nepal) nach Bhairawa (Nepal) gefahren (7h, mit dem Bus, relativ komfortabel), nach Sonauli (Grenzstadt Nepal/Indien) gelaufen (45min, zu Fuss, heiss), nach Gorakhpur (Indien) gefahren (2,5h, mit dem Bus, ******** unbequem) und nach einer Uebernachtung in einem Horrorzimmer am Bahnhof – angezogen auf dem Bett liegend – nach Varanasi (Nordindien/Gangesebene) weitergefahren (7h, Zug, sehr komfortabel, da 2. Klasse klimatisierter Schlafwagen). Schon am Bahnhof traf uns die Realitaet, obwohl wir uns geistig vorbereitet glaubten. Waehrend wir um die Kuh (der Bundesstaat Uttar Pradesh ist hinduistisch dominiert) in der Bahnhofshalle herumnavigierten, hatte sich bereits eine Horde touts (sowas wie Druecker, die einen gegen Provision in Geschaefte oder Hotels schleppen – manchmal durchaus hilfreich) an unsere Fersen geheftet. Mit einer Autorikscha in die Altstadt gekarrt, mussten wir lernen, dass zu Diwali nicht eben auf die Schnelle ein bezahlbares Zimmer aufzutreiben ist. Selbstlos hat unser Fahrer dann ein wirklich schickes Zimmer, leider nicht ganz billig, aufgetrieben. Vom “Maharadscha”-Zimmer (“best price for you”) hatten wir perfekte Aussicht auf das Geschehen am Ganges – der einzige Grund fuer einen Besuch von Varanasi (sage ich als nicht-Hindu).
Varanasi hat 227 Slums mit etwa 450.000 Einwohnern – das sind 38% der Einwohner; etwa 12.000 Strassenkinder arbeiten als Muellsammler (Quelle: Times of India vom 29. Oktober). Da die Leute nicht wirklich viel zu tun haben, werden in Touristen vorrangig laufende Geldbeutel gesehen, denen man mindestens eine Postkarte oder eine Bootsfahrt verkaufen muss. Und wenn nicht, kann man immer noch hinterher laufen und schauen, wo die so hingehen. Haetten die Einheimischen kein Opium (hier: Religion), waere das vermutlich noch drastischer. Man verzeihe mir den Zynismus, vielleicht haette ich noch eine Nacht drueber schlafen sollen.
Da Diwali in Nordindien auch das Neujahrsfest darstellt, war gestern (ebenso wie gerade eben) die Hoelle los. Reichlich Knaller und Raketen verhinderten entspanntes entschlummern, ermoeglichten aber immerhin einem Teil von uns zeitiges Aufstehen. Zeitig deshalb, um den Sonnenaufgang aus dem Bett liegend zu beobachten und dabei das Treiben an den Ghats (Treppen, die ans Ufer und ins Wasser fuehren) zu beobachten. Varanasi ist ein hinduistisches Pilgerzentrum. Ziel der Pilgerei sind ebenjene Ghats, an denen rituelle Waschungen und Kremationen stattfinden – direkt nebeneinander. Heute haben wir uns das Geschehen vom Wasser, d.h. von einem Boot, aus angesehen. Und dabei versucht, nicht reinzufallen. Der Ganges ist extrem verschmutzt, riecht aber wider Erwarten nicht uebel (da mancher Einheimische kleine wie grosse Geschaefte ungeniert im Vorbeigehen erledigen, ist das Thema “Geruch” in dieser Stadt nicht wegzudiskutieren).
Aus Budgetgruenden sind wir heute in die dritte Reihe umgezogen (in Angedenken an unsere israelischen Freunde vom Annapurnazirkel ins Hotel Haifa, angeblich mit einem spektakulaeren Restaurant – lecker, Hummus). Morgen versuchen wir mit dem Zug nach Agra zu gelangen. Versuchen deshalb, da wir die Wartelistenplaetze 4 und 5 gebucht haben. Wenn es klappt, nehmen wir den ersten Nachtzug in Indien – man darf gespannt sein.