Kindersitz im Fundbüro abgeholt? Wait, what? Naja, bei der Ausreise aus Singapur kurz nach Ankunft daselbst sind wir ein bisschen hektisch am Checkpoint Woodlands ausgestiegen. Zack, waren Taxi und Kindersitz weg. Doof eigentlich, da wir den ja auch beim Rückflug noch benötigen… Kurz geärgert, weiter im Text – die Mission hieß ja erst Mal Batu Batu, das Ressort auf Pulau Tenga.
Nach Rückkehr aus Malaysia war ja genug Zeit, ein Fundbüro zu finden (sic!) bzw. zur Not einen neuen Kindersitz zu erstehen. Also kaum im Hotel, schon online und ein entsprechendes Formular gefunden. Gut, daß der Beleg der fraglichen Taxifahrt aufgehoben ward, enthielt dieser doch wesentliche Stammdaten der Fahrt wie Uhrzeiten, gefahrene Kilometer, ausgewiesene Maut- und Verwaltungsgebühren sowie eine Trip ID. Letztere ermöglicht die minutiöse Rückverfolgung der erfolgten Fahrt und somit im Idealfall auch Rückschlüsse auf den Verbleib verlorener Gegenstände. Wenn der Taxifahrer eine ehrliche Haut ist.
Ist er besser: die Trip ID ermöglicht faktisch Zugriff auf sein Fahrtenbuch zu diesem Zeitpunkt, ein Anruf vom zerstreuten Kunden genügt und der Fahrer steht erstmal auf dem Hinterfuß. Als also heute der vermisste Gegenstand – abermals mit dem Taxi – abgeholt wurde, ergab es sich, daß dieses zentrale IT-System der Einstieg in eine sehr unterhaltsame und aufschlussreiche Unterhaltung mit dem Fahrer anstieß.
“In Deutschland sind Quittungen in der Regel handgeschrieben und nur bei Kartenzahlung erfolgt ein Ausdruck, bei entsprechender Datenknappheit.” “Wir haben da so eine Geschichte in Deutschland, die uns irgendwie zu negativem Datenreichtum erzieht.” “Apropos Geschichte, fühlen Sie sich eher als Singapurer oder als Chinese?” Und zack ging es los, ein verbaler Parforceritt durch die singapurische Kolonialgeschichte (die Peranakan!), die gewollte Zuwanderung der Inder zwecks geplantem Eisenbahnbau (musste billig sein, das waren alles Kriminelle!), den Angriff der Japaner auf Darwin während des zweiten Weltkriegs (hätte niemand gedacht, die griffen Australien an!), die Unabhängigkeit Mitte der 1960er (die haben uns rausgeschmissen!) sowie die Erkenntnis, daß Deutschland ja eigene Probleme mit Zuwanderung hat (Analogie: Pumas und Leoparden leben im Wald, bleiben aber eher unter sich!). Der Fahrer hat kurz vor Fahrtende unaufgefordert bekräftigt, daß er nicht über Religion und Rasse zu reden habe. Aber ich sei ja Ausländer, da kann man sowas wenigstens noch sagen, ohne Angst, verpfiffen zu werden. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt der Reise sowie unserer Diskussion angekommen waren.
Diese Einblicke, gepaart mit der eher unfreiwilligen Aufbewahrung unseres Kindersitzes durch das Fundbüro war den kurzen Ärger sowie die 26.24 SGD Extra-Taxikosten wert. Jeden einzelnen Cent.
16 October 2018 at 10:45 AM
Haben wie immer die Ausführungen gerne und mit Begeisterung gelesen. Wir freuen uns, dass ihr wieder gut zu Hause angekommen seid.