Unglaublich, wie verwurzelt das Star Wars-Universum im Alltag (nicht nur) der Amis ist. Drei Beispiele aus den letzten drei Wochen.
Darth Vader-Groteske am Nordwestturm der Washington National Cathedral – hierzu ward ja bereits hier ausgeführt.
Entschuldigung von Sue, dass der Kaffee aus der Mikrowelle kommen wird müssen:
Yoda in einem Schaufenster in Leesburg:
Ich prophezeihe mit Episode VII eine Fortsetzung der Sternenkrieger-Saga bis 2020, zumindest als Ankündigung aus dem Hause Lucasfilm. Die Maschine muss schließlich weiterlaufen.
Ein Abschiedsgruß aus Boston an die Leserschaft. Insbesondere die letzten beiden Tage sind wir exzessiv gelaufen, im Grunde ohne Sightseeinganspruch. Boston, Cambridge, Charlestown. In letzterem liegt die USS Constitution, das älteste aktive Schiff der Marine. Auf diesem entstand der Text für die amerikanische Nationalhymne, der Dreimaster wurde erst vor kurzem wieder reaktiviert, um 200 Jahre des Sieges über ein englisches Schlachtschiff zu feiern. Komische Sitten. In Cambridge sind wir ziellos über den Campus der Harvard-Universität gelaufen und am Massachusetts Institute of Technology vorbeigeschlappt. In Boston selbst haben wir kaum einen Stadtteil ausgelassen, eingeführt hat uns eine Kollegin von Ju am Dienstag Mittag beim Thai. Unser Hotel lag direkt am Stadion der Red Sox (Baseball). Leider kein Spiel, dafür ideal gelegen. In det Stadt herrscht ein Tempo, das man im Anschluss an das von New York als sehr gemächlich bezeichnen muss. Rolltreppen, Subway, Fussgänger – alles zwei Gänge langsamer als gewohnt. Gut zum rauskommen. Gleich geht es mit dem ÖPNV zum Flughafen Logan.
Über ein nächstes Ziel wurde bereits verhandelt. Man liest sich.
New York City soll am Morgen der Abreise nur auf der Basis von Fakten beschrieben werden. Interpretation und Reflektion erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Wann, ist derzeit unklar. Here we go:
Sonntag, 9. September (5,8 km zu Fuß):
Montag, 10. September (19,3 km):
Dienstag, 11. September (11,6 km)
Mittwoch, 12. September (12,3 km):
Donnerstag, 13. September (12,1 km):
Freitag, 14. September (12,8 km):
Samstag, 15. September (11,9 km):
Sonntag, 16. September (5,8 km):
Fortbewegt haben wir uns fast ausschließlich zu Fuß (durchschnittlich 11,5 km am Tag, insgesamt 91,6 km) und mittels U-Bahn (29 Dollar für eine Wochenkarte). Die Eintritte für die Museen, die Aussichtsplattformen und die NBC-Tour waren mit dem New York Pass gewissermaßen vorausbezahlt, eine “touristische Leistung” die wir in Verbindung mit unseren Flugtickets gekauft hatten. Statt also acht mal gesondert Eintritt zu zahlen, mussten wir jeweils nur die 170 Euro teure Karte vorzeigen. Der durchschnittliche Eintritt belief sich somit auf 21,25 Euro. Ungenutzt aufgrund offensichtlich zeitlicher Restriktionen blieben zahllose andere Coupons aus dem NY Pass, der nur Hardcore-Touristen zu empfehlen ist. Ist schließlich nur sieben Tage gültig.
Heute geht es mit dem Zug nach Boston. Man liest sich.
Das Monsterfrühstück nach der Nacht auf der Farm bestand aus Pancakes mit Ahornsirup, Galiamelone, gebrutzeltem Schinkenspeck, Bacon, gewürzten Wurst-Patties, Hash Browns, endlos Spiegeleier (“Farmeier frisch von gestern”), Toast, drei verschiedenen Marmeladen (teilweise selbstgemacht), Kaffee und Saft. Nachdem die obligatorischen Vegetarierwitze gerissen waren, folgten zwei äußerst unterhaltsame Stunden mit Betty und Richard. Wir tauschten unter anderem Reiseerfahrungen (die beiden waren bspw. in Schweden und Brasilien) und Einblicke in die Sozialversicherungssysteme der jeweiligen Heimatländer aus. Wie immer bei solchen Diskussionen stellen wir fest, daß bei uns vielleicht nicht alles rosig, es andernorts aber oftmals viel schlimmer ist. Am Vorabend hatten wir noch gewettet, ob beide eher Demokraten oder Republikaner sind – ein überzeugtes “Sarah Palin is cool” klärte auch diese Frage auf.
Da wir bereits in New Jersey verabredet und zudem schon spät dran waren, mussten wir es bei der kurzen Begegnung mit Betty und Richard belassen. Eine Nacht auf der Farm war ohnehin viel zu kurz, von daher stimmig. Nicht, dass der nächste Trip unbedingt wieder an die Ostküste führen müsste, aber ein paar Tage auf der Hope and Pryde-Farm stehen chill-out-Suchenden nicht schlecht zu Gesicht. Das Kätzchen wird dann allerdings weniger fluffig sein. Oder vom Bluthund gefressen, den wir nur hinter Gittern sahen. Die Interstate 78 hatte uns wieder und mit mittels Tempomat knapp über der Höchstgeschwindigkeit von 65 Meilen pro Stunde fixiertem Gasfuß zippten wir in eindreiviertel Stunden nach Piscataway in New Jersey. Dort wurden wir auch schon von Ceil und Warren erwartet.
Genauer: von Warren und Hund Jockey, Ceil begrüsste uns nur kurz und verabschiedete sich zum Zahnarzt. Warren ist selbständiger Wirtschaftsprüfer im Ruhestand (76 Jahre) und fröhnt neben seinem Hobby College-Football (sein Team sind die Rutgers Scarlet Knights) der Ahnenforschung. Er selbst ist deutsch-dänischer Abstammung, seine Forschung erstreckt sich jedoch weit über seine eigenen Ahnen hinaus. So kam es dann auch, dass er bereits vor mehr als 15 Jahren begann, sich mit der Geschichte des bereits erwähnten Philipp Kühlthau aus Oberzell auseinanderzusetzen, der auszog um in der Neuen Welt sein Glück zu suchen & dem Vernehmen nach auch fand. Nach einigen Jahren des Briefkontakts in die Heimat von Philipp Kühlthau besuchte er Oberzell im Jahre 2000. Zwei Jahre später webten wie zuvor erwähnt Großonkel Walter und Bruder Michael das Freundschaftsband enger und revanchierten sich mit einem Besuch in New Jersey. Nun war es an uns, diese Freundschaft zu erneuern. Dafür blieben uns ziemlich genau 25,5 Stunden, die intensivst genutzt wurden.
Nach der Ankunft in Milltown und einem schnellen Mittagessen bei Five Guys, welches unsererseits anlässlich des opulent nachwirkenden Farmfrühstücks auf Coke Zero und Erdnüsse (gibt’s dort für lau, das bessere Fast Food) reduziert war, begann die “1 Dollar-Tour” (O-Ton Warren) mit einer kurzen Rundfahrt über einen Teil des Campus der Rutgers University, wo Warren seinen Abschluss gemacht hat und auch seine Tochter studierte. Die Verbundenheit mit seiner Alma Mater war deutlich zu spüren, Warren war auf dem Laufenden über Baumaßnahmen und seine Bar, die wir am Abend sehen sollten, platzte vor lauter Memorabilia mit dem roten “R”. Vom Campus in New Brunswick fuhren wir dann nach Milltown, wo Warrens erstes Haus steht, in der Kuhlthau Avenue 29. Dieses Haus ist derzeit unbewohnt, Warren plant einen Teil zu vermieten und trifft hierzu schon Vorbereitungen. Der andere Teil bleibt sein “Hobbykeller” (“man cave”, zu deutsch “Männerhöhle”), wo er vorrangig der Genealogie nachgeht und Ceil nicht zur Last fällt. Das Haus insgesamt wäre für etwa 450’000 Dollar zu haben, derzeit etwa 360’000 Euro – Fahrzeit nach New York City ca. eine Stunde. Hier ein Bild von der Rückansicht des Anwesens:
Von 29 Kuhlthau ging es in die St. Paul’s Church, natürlich im klimatisierten Van. Von der Kirche existieren Aufnahmen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der die Auswanderer – aus Philipp Kühlthau war mittlerweile vermutlich bereits Philipp Kuhlthau geworden – sich als Angekommene darstellten. In der Kirche finden sich zahllose Namen aus der Heimat, unter anderem wurden Bänke (“in memory of Edward S. Kuhlthau presented by his wife A. Elisabeth Kuhlthau 1949”) und Bleiglasfenster (“in memory of William and Sarah Kuhlthau donated by their children”) gestiftet. Im Gästebuch fanden sich auch noch die Namen der beiden Oberzeller, die 2000 hier einem Gottesdienst beiwohnten. Nachdem uns Merchandising verabreicht wurde fuhren wir gemeinsam zu Schwendeman’s Taxidermy, einem Tierpräparator in dritter Generation und ein Kuriositätenkabinett sondergleichen. Der Inhaber Bruce ist in “seinen” Kreisen so etwas wie ein Promi, kam er nicht zuletzt schon in der New York Times und im New Yorker zu Ehren. Papa David arbeitete in seiner aktiven Zeit als Chef-Taxidermist im American Museum of Natural History in New York und verbringt seinen Ruhestand heute noch mit der Beaufsichtigung seines Juniors, der derzeit an der Restaurierung eines weißen Löwen für ein New Yorker Hotel arbeitet. Hier die Außenansicht des Ladens (wirkt von innen deutlich größer):
Bruce ist auch Mitglied der Milltown Historical Society. Das Museum, der eigentliche Anlass des Besuchs, liegt passenderweise direkt auf der anderen Straßenseite, so dass wir gewissermaßen eine Privatführung bekamen. Es besteht aus zwei alten Wohnhäusern, die mit mehr oder minder interssantem Gut aus den alten Tagen ausgestattet sind. Der Ort beherbergte über viele Jahre eine Gummiwarenfabrik, die eine zeitlang zum Michelin-Konzern gehörte. Aus den Anfangstagen sind ein Michelin-Männchen vorhanden, interessanter jedoch waren die Milchflaschen mit “Ochs”-Prägung und “Kuhlthau”-Deckel sowie das Werbeschild von C. W. Kuhlthau (“Milltown’s busiest store. Quality, Service & Price”). Nach dem Museumsbesuch war es Zeit für Fotoshooting von Straßennamen. Wir begnügten uns mit den Kuhlthau und Ochs Aves. und duplizierten zwischendurch das Foto von Michael und Walter am Ortsschild. Der anschließende Besuch auf dem Friedhof Van Liew Cemetry führte uns dann auch zum Grab von Philipp Kuhlthau. Auf dem Friedhof finden sich reichlich Kuhlthaus und andere Namen aus der Heimat von Philipp (u.a. Baier), teilweise sogar mit Inschriften in Deutsch. Man fühlte sich bisweilen nicht wie in Übersee. Hier ein Bild vom Grab des Philipp Kuhlthau und seiner Frau Catherine, vermutlich geborene Katharina Klein:
Bevor wir zurückfuhren nach Piscataway zeigte uns Warren noch seinen Cadillac in der Garage von Frazer, Evangelista & Co. LLC. Perfektes Hochzeitsauto, aber zu spät und zu weit weg. Wir zählen nochmal nach. Drei Häuser, fünf Autos. Scheint ein paar ganz gute Entscheidungen getroffen zu haben. Den Abschluss des nicht ganz unanstrengenden Tages begannen wir dann mit einem Beck’s an der heimischen Bar, gefolgt von einem Abendessen, zu dem wir immerhin den Wein beisteuern durften. Kaffee, Eis und jede Menge Geschichten rundeten den Tag ab. Wir nahmen noch ein zweites Beck’s, zu viele Eindrücke für elf Uhr abends. Und tatsächlich, in der Nacht hielten die vielen Eindrücke einen von uns mehr als eine Stunde vom Schlaf ab.
Als besonders sehenswert wurde uns von Jared der Ort Shepherdstown (West Virginia) genannt. Da er mehr oder weniger auf dem Weg nach Harrisburg lag, einem Zwischenstopp auf dem Weg zum Tagesziel, entschieden wir uns für einen kurzen Abstecher in das Städtchen, das 2012 sein 250jähriges Jubiläum feiert. Und tatsächlich, fährt man die Hauptstraße South Princess Street hinunter, kann man sich vorstellen, wie der Ort ausgesehen haben mag, als noch Pferdefuhrwerke die Straßen dominierten. Einen ähnlichen Eindruck hatten wir auch in Harpers Ferry, dort war dieser allerdings gewollt, da sich der Ort als lebendes Museum inszeniert. Vorbei an der Universität des 2.000-Seelen-Nests (ja, selbst in so einem Kaff hat’s eine Uni!!!) fuhren wir für eine kurze Verabschiedung hinab an den Potomac, der uns seit unserer Ankunft permanent begleitete. Dort steht das Mecklenburg Warehouse, ein historisches Tabaklager, das nach dem ursprünglichen Namen von Shepherdstown benannt ist. Ein paar Bilder von dem um 1800 erbauten Lagerhaus hier.
Der nächste Zwischenstopp wurde durch einen Ruf der Natur eingeleitet. Auf dem Weg nach Hamburg, Pennsylvania lag – natürlich ganz zufällig – Harrisburg, vermutlich weltweit unbekannt bis zum Zwischenfall im nahegelegenen Kernkraftwerk Three Mile Island, 1979. Als zwei unfreiwillige Katastrophentouristen (und ein Kraftwerk-Fan) mussten wir diesen kurzen Schlenker schlichtweg fahren. Das AKW liegt, wie der Name schon sagt, auf einer Insel und lässt sich so vortrefflich abschirmen. Ein Schlagbaum an der Zufahrt und ein unmissverständliches “No Trespassing / Private Property” bewegte uns nach dem obligatorischen Foto sogleich zur Rückkehr auf den Interstate 78, ostwärts. Wir waren übrigens nicht die einzigen mit diesem move, ein Motorradrocker-Pärchen hielt direkt vor uns. Vermutlich eines der öfter fotografierten Schilder in der Gegend.
Unser Weg führte uns sodann vorbei an Cabela’s, einem großen Outdoor-Ausrüster. Gemeint ist damit vor allem Jagd- und Schießgerät, zur Tarnung noch etwas noch aus der Rubrik Angeln. Wie verankert Schießprügel in der amerikanischen Gesellschaft sind, sollte ein Rundumblick in der Küche von Betty und Richard zeigen (immerhin zwei Gewehre waren sichtbar) sowie die Frage von letzterem, wie es denn in Deutschland mit ebensolchen steht… Die beiden waren unsere Gasteltern auf der “Hope and Pryde”-Farm in der Onyx Cave Road ganz in der Nähe von Hamburg. Ursprünglich aus Piscataway in New Jersey (unserem nächsten Zwischenstopp), waren es den beiden zu viele Yuppies dort und sie kauften kurzerhand diese Farm, auf der man keine Nachbarn sehen kann. Unser Zimmer war ein Anbau an das Haupthaus, vermutlich ein altes Backhaus und wir schliefen den Schlaf der Gerechten. Obwohl schon im – nach deutschen Maßstäben – Rentenalter, verdingen sich die beiden (knapp unter bzw. über 70) noch als Fahrer von Schulbussen. Dementsprechend früh verließen sie im Morgengrauen die Farm, um uns ab 9 Uhr mit dem übertriebensten Frühstück unserer Reise zu verwöhnen.
Dazu im nächsten Post mehr.