Es kann nicht genug darüber geflucht werden: Parken in der Haupt-/Planstadt, in der man bei einem Fußmarsch in jedwede Richtung auf irgendein Gebäude stößt, dass man aus den Nachrichten, der Zeitung oder einer beliebigen Folge Akte X kennt. Genauer: potentiell zur Verfügung stehender Platz in Verbindung mit (absichtlich?) unklarer, uneindeutiger, widersprüchlicher Beschilderung. Dass dies nicht auf mangelnde Sprachkenntnis zurückzuführen ist, bestätigt eine spontane Umfrage vor dem lokalen Supermarkt bzw. zahllose Blogeinträge und Leserbriefe. Keiner der Befragten (inkl. Internet) war in der Lage, uns Auskunft darüber zu geben, was genau dieses Schild
bedeutet, falls Montag ein Feiertag ist (normalerweise hingen zwei solcher Schilder übereinander inkl. unterschiedlicher Farben, Wochentage, Uhrzeiten). Dennoch wagten wir das Experiment “O-Street Parking”. (Die Straßen sind ausgehend vom Kapitol nach Westen hin aufsteigend durchnummerierrt und gen Norden ebenso buchstabiert.) War ja auch Sonntag und Montag Feiertag (Tag der Arbeit bzw. hier “Labor Day”). Obwohl unklar, ob wir Montag das Auto schon um sieben oder erst um neun Uhr fortbewegen mussten, pokerten wir – und gewannen.
Bewaffnet mit einem Frühstück von Bagel etc. (Rührei auf Bagel, ungesalzen und passend dazu dünner Kaffee) fuhren wir über den Potomac River nach Arlington, Virginia. Dort befindet sich in direkter Nachbarschaft des US-Verteidigungsministeriums der Nationalfriedhof Arlington. Gestärkt vom Frühstück auf dem Parkplatz erwanderten wir eine winzige Teilmenge der lt. englischer Wikipedia 400.000 Gräber. Am prominentesten wacht eine ewige Flamme über John Fitzgerald Kennedy, Jackie O. und zwei sehr früh verstorbene Kinder (eine Totgeburt, ein nach zwei Tagen verstorbener Junge), etwas abseits die Brüder Ted und Bobby Kennedy. Die Verbundenheit der Amerikaner mit ihrem Militär kommt nirgends mehr zum Ausdruck als an den Gräbern der unbekannten Soldaten, wo Gebeine von Stellvertretern aus den Weltkriegen I, II, dem Koreakrieg und dem als “Konflikt” verklärten Vietnamkrieg ruhen und speziell ausgebildete Soldaten seit 75 Jahren ununterbrochen ihre Runden drehen. Dass das alles kein Spaß ist zeigt die Sektion 60, wo zwanzigjährige Grünschnäbel ihre letzte Ruhe finden, die ihr Leben in zeitgenössischen Einsätzen (vgl. Operation Desert Storm, Operation Enduring Freedom) ließen. Hier der Grabstein eines nur unwesentlich Älteren:
Nachdem unsere dortige Mission accomplished war, verließen wir diesen bizarren Ort mit seiner Architektur zwischen griechischer Antike und Albert Speer.
Unser Katastrophentourismus nahm seine Fortsetzung am benachbarten Pentagon. Die Spuren des American Airline Fluges 77 sind, obschon alles repariert, von der Seite des Denkmals für die Opfer des 11. Septembers immer noch zu sehen, da sich der Stein, der im Zuge der Bauarbeiten verwendet wurde, farblich vom ursprünglichen abhebt.
Nach wie vor landen Flugzeuge am Inlandsflughafen Ronald Reagan, in direkter Nachbarschaft. Mit der Geschichte des 11. September im Hinterkopf, der sich am morgigen Dienstag zum elften Mal jährt, wirkt auch dies bizarr. Genauso wie das Fotografierverbot des Geländes des Verteigungsministeriums. Aber auch dieses Mosaiksteinchen Widersprüchlichkeit macht die USA zu dem, was wir auch im alten Europa über sie denken. Das Denkmal indes kommt reichlich unmartialisch daher. Es verdient den Titel, wenngleich andächtige Ruhe aufgrund des benachbarten Freeway sich nicht einstellen will.
Nach soviel aufs Gemüt drückenden Orten war es Zeit, zurück ins hier und jetzt zu kehren. Das kann hier bestens mit einem Besuch einer Shopping Mall erreicht werden. Einen AT&T Datentarif für das iPad später sowie dem Erwerb weiterer Konsumgüter, zu denen hier nicht weiter ausgeführt werden soll, befanden wir uns auf dem Weg zum National Museum of Natural History in Washington, D.C. Sofort nahm das gute alte Parkplatzspiel seinen Lauf, dessen wir verhältnismäßig schnell überdrüssig wurden. Daher, in den sauren Apfel beißend, das Auto flugs in der Garage des Hotels verstaut und ab ins Café. Diesmal kein Grünes, trotzdem Franchise. Abendessen gab es abschließend im Thai Tanic, primär wegen des cleveren Namens ausgewählt. Keine weiteren Vorkommnisse.
Mit Ausnahme des Taxi-Themas. Besser: des Parkplatz-Themas – auf 92 US-Dollar und vier Cent belief sich die Rechnung beim auschecken tags drauf. Und der Valet-Typ wollte tatsächlich ein Trinkgeld. Dies blieb ihm trotz Weltklasse-Leistung leider verwehrt. Ein Aufruf: niemals mit dem Mietwagen NACH Washington, D.C. Immer nur RAUS. Dazwischen: Taxi. Kommt billiger, schont Nerven.
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